12. Juli 2008

Realitäts-Check: Deutschlands häufigstes Wohnzimmer


Ich war in den letzten zwei Wochen viel unterwegs und habe viele Gespräche geführt über den Stand der Dinge im deutschen Einrichtungsmarkt. Die Stimmung der Händler ist alles andere als rosig und jeder versucht im Moment auf Nummer sicher zu gehen - aus verständlichen Gründen. Nur eine sehr kleine Gruppe der Verbraucher ist zur Zeit bereit in gutes Design und Qualität zu investieren; der Rest kauft Made in China.

Da kann es ja nichts schaden, sich mal wieder Deutschlands häufigstes Wohnzimmer anzuschauen. Bei diesem Projekt von Jung von Matt Planning geht es darum, den deutschen Massengeschmack zu visualisieren und erlebbar zu machen. Das klingt simpel, ist aber ein schockierender Realitätscheck für Designliebhaber. Deutschlands häufigstes Wohnzimmer ist nämlich eine Art Horrorkabinett des Möbeldesigns. Besonders fällt mir auf, dass dieser Bilder sich schon Anfang der neunziger so bei mir eingeprägt haben. Tausend mal gesehen - und immer noch scheußlich. Auch bleibt die ewige Frage: wo sind eigentlich die Bücher? Zeig mir deine Bücher und ich sag dir wer du bist. Immerhin - die Zusammenstellung der Garnitur verändert sich langsam: heute dominieren die Sofas mit Longchair und Sessel den Markt, und nicht mehr die 3-2-1-Gruppe. Aber bis sich dieser Trend in der Statistik niederschlägt, dauert es wahrscheinlich auch noch 10 Jahre.

Angesichts dieser Bilder, schwankt mein Stimmungsbild zwischen Resignation und Kampfgeist. Der Kontrast zu meinem letzten Post über Wohnkultur 66 könnte nicht größer sein ... Es wird nämlich noch schlimmer: zu der Stilfrage kommt auch noch die Preisfrage. Was sind "Die Deutschen" bereit für ihre Möbel auszugeben? Und damit wären wir dann bei der Geiz-ist-geil-Kultur, die mit diesem Wohnzimmer so untrennbar verbunden ist wie der Deckenfluter. Ohje, je länger ich schreibe, desto weniger werde ich es schaffen, diesem Post noch einen positiven Dreh zu geben. Also lasse ich es lieber hierbei ;-)

2 Kommentare:

  1. Man sollte nicht unerwähnt lassen, dass das "Häufigste Wohnzimmer" ein sehr beliebter Besprechungsraum bei Jung von Matt ist. So abstossend kann das also selbst für design-affine Werber nicht sein.

    Was nach einem nach dem Realitätscheck noch ein wenig deprimierter macht.

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  2. Für Werber ist die Rückbesinnung auf die Lebensrealität der großen Mehrheit der Deutschen ja auch nicht schlecht - im Gegenteil. Deshalb muss man Deutschlands häufigstes Wohnzimmer ja noch nicht hübsch finden. Als design-verrückte Werberin habe ich zu dem Thema wahrscheinlich eine gespaltene Persönlichkeit: irgendwie abstoßend, aber ich muss mich doch damit auseinandersetzen.

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